KONKURRENZ IM ANMARSCH
Hat die Jute ausgebeutelt?

Waren vergangenen Herbst noch Einzeltäter in Kreuzberg unterwegs, so ist es spätestens seit der Berliner Fashion Week im Januar diesen Jahres offiziell: Der Turnbeutel ist die neue Jute!
Auf der Bread and Butter, einer internationalen Fachmesse für Streetwear, die im Zuge der Berliner Fashion Week stattfindet, wurden die Beutel bereits als Werbegeschenke verteilt. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass der Trend jetzt massentauglich ist und die Jute vor dem nächsten großen Schritt auf der Karriereleiter steht. Sie hat zwei Chancen. Entweder sie wird ersetzt und in die Riege der kurzweiligen Modetrends entlassen oder sie setzt sich als Symbol einer Lebensphilosophie durch und wird zum All-time Klassiker.
Sicher ist, dass der Turnbeutel seinen Siegeszug begonnen hat und erst Halt macht, wenn er in jedem Haushalt vom verstaubten Dachboden zurück in den Alltag gezerrt wurde.

Noch sind es die Vollblut-Hipster, die sich durch den Turnbeutel von der Jute-tragenden Masse auf Berlins Strassen abheben wollen.
Einst waren es eben diese Personen, die die Jutetasche ausgehfähig gemacht haben. Doch als sich dieses Accessoire immer größerer Beliebtheit erfreute und sogar die modebewussten Stadtmamis ihre Gucci-Tasche Zuhause auf der Kommode haben stehen lassen, um stattdessen zur Jute mit den frechen Prints zu greifen, war es für die Hipster an der Zeit sich etwas neues zu überlegen.
Einfach wie die Jute musste es sein – individualisierbar – jedes Stück ein Unikat, so wie der Träger selbst.

Ein Gang auf den Dachboden der Eltern hat schon so manches Highlight vergangener Zeiten zum Vorschein gebracht. Meist sind diese Teile eher für Mottoparties oder Karnevalsveranstaltungen zu gebrauchen, doch ab und an sind Teile zu finden, die das Potential zum Modetrend haben – so wie der Turnbeutel aus Kinderzeiten. Ein jeder hatte ihn und verbindet irgendeine Erinnerung damit. Sei es der Geruch an den Gummibodenbelag der Schulsporthalle, die Blamage wieder als letzter ins Völkerballteam gewählt worden zu sein und sich vorzunehmen das nächste mal den Turnbeutel im Bus liegen zu lassen oder dieses Gefühl zumindest im Sport eine Eins zu kassieren und damit das Ungenügend in Mathe bei der Zeugnisvergabe etwas zu kaschieren.
Egal was man damit verbindet, jetzt können alle Erinnerungen an dieses Stück Vergangenheit beiseite gelegt werden.
Heute steht der Turnbeutel für einen Menschen, der modebewusst ist, voll im Trend liegt und keine Schikane von anderen Kindern zu befürchten hat.
Hier sagt der Turnbeutel über seinen Träger aus, ein individueller Mensch zu sein und sein eigenes Ding gefunden zu haben. Sport ist kein Indiz mehr für Coolness – zumindest nicht auf den Strassen einer Großstadt.

Bestenfalls kann zum getragenen Turnbeutel eine Geschichte aus Kinderzeiten erzählt werden, denn je älter und authentischer das Accessoire, umso bedeutsamer ist es in der Hipster-Gemeinde.

 

12. Februar 2014

 


VERFÜHRUNG IN SCHWARZ
Schwarzes Weinglas Sensis Plus von Eisch

Vollmundig – aromatisch – abgerundet – mit elegantem Abgang – und lange nachklingend.
So würde die Beschreibung des schwarzen Sensis Plus der Firma Eisch klingen, wenn man den Fachjargon eines Weinkenners auf das Design eines Weinglases überträgt.

Die Meinungen der Weintrinker über dieses Glas sind geteilt. Wein, der oft schon durch seine Farbe brillieren kann, aus einem schwarzen Glas zu trinken, ist für viele schwer zu akzeptieren. Doch rein formalästhetisch betrachtet, ist das schwarze Sensis ein absoluter Hingucker. Die schwarze Farbe hebt den weichen Linienverlauf der Silhouette deutlicher hervor als es ein durchsichtiges Glas je schaffen könnte. Die fließenden Übergänge von Stiel zu Boden und Kelch ohne Stolperschwellen und Unebenheiten lassen das Produkt aus einem Guss und in sich geschlossen und stimmig wirken. Die hochwertige Ausarbeitung der Details wie der Schliff der Kelchöffnung, der an die Facetten eines schwarzen Diamants erinnert, runden die Formgebung und Detailtreue ab. Lichtreflexe und Spiegelungen auf der makellosen Oberfläche unterstreichen die Formverläufe und erinnern an einen zarten Pinselstrich auf schwarzer Leinwand.

Formal ist diese Skulptur eindeutig als Weinglas identifizierbar, doch die Farbe irritiert. Mit der weiblichen Silhouette erinnert es mehr an das kleine Schwarze – elegant und immer gut gekleidet. Das Glas spielt mit dem Betrachter, verführt es nahezu durch seine sanften Züge und femininen Rundungen. Doch gleichzeitig hat es auch etwas zurückweisendes, undurchsichtiges. Es ist verschlossen und verrät nicht zuviel über sich. Zart und stark zugleich.

Das Glas übernimmt in diesem Rollenspiel die Verführung, nicht der Wein. Traut man sich dann doch etwas Wein hineinzugießen, so erwartet einen ein Geschmackserlebnis, das sich nicht durch die Farbe des Getränks beeinflussen lässt. Rein der Geschmacks- und Geruchssinn sind entscheidend. Und dieser kommt bei dem schwarzen Sensis nicht zu kurz, denn die hohe Kunst der Glasherstellung der Firma Eisch hat eine Materialstruktur entwickelt, die atmet und somit auch den Wein rundum atmen lässt, damit er seinen Geschmack voll entfalten kann.

Das schwarze Sensis ist definitiv ein Hingucker auf der gedeckten Tafel und stiehlt jedem Wein die Show, zumindest optisch. Doch muss sich ein jeder selbst entscheiden, ob ein Wein rein durch den eigenen Geschmacks- und Geruchssinn genossen werden kann, oder ob die Farbintensität dazugehört.

 

19. November 2013